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Esel sind keine langohrigen Pferde

Gesundheit und Haltung von Eseln


Esel werden oft zu wenig wertgeschätzt und es besteht zu wenig Wissen über ihre Bedürfnisse. Der Schweizer Tierschutz STS hat deswegen im Zoo Basel einen Infoanlass zur Gesundheit und Haltung von Eseln organisiert.

Michael Götz, M. Götz Agrarjournalist GmbH, Eggersriet SG

In der Schweiz leben etwa 11’000 Esel. Obwohl sie mit 10% einen beträchtlichen Teil der in der Schweiz lebenden Equiden – Pferde, Ponys, Esel und Mulis – bilden, wird ihrer artgerechten Haltung und gesundheitlichen Betreuung oft zu wenig Bedeutung zugemessen. Beim STS gehen immer wieder Meldungen wegen vernachlässigter Esel ein. Sie leiden an den Folgen falscher Fütterung, an Hufkrankheiten oder sie haben Zahnprobleme, nennt Sandra Schaefler von der STS-Fachstalle Heimtiere und Pferde einige der Gründe.

Ein Drittel der Esel ist übergewichtig

Esel haben zwar ein ähnliches Verdauungssystem wie Pferde, aber ihre Ernährungsweise ist nicht dieselbe. Während Wildpferde, die Vorfahren unserer Hauspferde, in Steppen und Grasgebieten leben, stammen Wildesel aus gebirgigen Wüstengegenden mit kargem Pflanzenwuchs. Sie waren und sind darauf angewiesen, die rohfaserreiche Nahrung besonders effizient zu verdauen. Werden nun Esel dauernd auf grünen Wiesen gehalten, dann nehmen sie zu viel energiereiches Futter auf. Es kommt zu Übergewicht, Stoffwechselstörungen und damit verbundenen Krankheiten wie die schmerzhafte Hufrehe. «Mindestens ein Drittel der Esel in der Schweiz sind übergewichtig», berichtet Lucia Unger, Tierärztin am Schweizerischen Institut für Pferdemedizin ISME in Bern. Dies ist eines der Ergebnisse einer breit angelegten Umfrage bei Eselhaltenden und Tierärzten im Rahmen der Dissertation von Tierärztin Julia Schaefer. Eine häufige Krankheit, die bei übergewichtigen Eseln auftritt, ist das Asine Metabolische Syndrom AMS. Ein Symptom dafür ist die akute und wiederkehrende Hufrehe.  «Esel sind eben keine langohrigen Pferde», bringt es Sandra Schaefler vom STS auf den Punkt. Um Übergewicht zu vermeiden, sollte man Esel nicht unbeschränkt auf die grüne Weide lassen. Auf einem Hartplatz, auf dem Äste und Stroh angeboten werden, können sich die Tiere bewegen und beschäftigen, ohne dass sie zu viel Energie aufnehmen. «Im Gegensatz zu Pferden haben Esel bei Strohfütterung kein erhöhtes Verstopfungsrisiko, es sei denn sie haben Zahnprobleme», ergänzt Tierärztin Unger. Sie sieht nicht nur in der Fütterung Verbesserungspotential, sondern auch bei der Gesundheitsvorsorge, zum Beispiel beim Impfen. «Es ist megawichtig, gegen Tetanus zu impfen», betont sie.

Nicht ohne Artgenossen

«Fast die Hälfte aller Esel in der Schweiz haben keinen direkten Kontakt zu einem Artgenossen», ist ein weiteres Ergebnis der erwähnten Studie. Die Tierschutzverordnung verlangt, dass Esel mit mindestens einem anderen Equiden zusammen zu halten sind. Eine vom STS unterstützte parlamentarische Motion von Anna Giacometti möchte dies dahingehend ändern, dass sie mit mindestens einem Artgenossen zusammen gehalten werden. Es gibt viele Verhaltensweisen, die fast nur zusammen mit einem Artgenossen möglich sind, zum Beispiel bei der Kommunikation, dem Tagesrhythmus oder der gegenseitigen Fellpflege, begründet Schaefler die Forderung. Bei der Gruppenbildung ist darauf zu achten, dass die Tiere untereinander verträglich sind. Eselhengste sollten wegen ihrer Unberechenbarkeit unbedingt nur von fachkundigen Züchtern gehalten werden. «Esel eignen sich nicht als Herdenschutztiere», betont die Vertreterin des STS. Esel verteidigen nur ihr eigenes Territorium und werden bei Wolfsangriffen selbst gefährdet. Ausserdem gehören sie nicht auf eine gemeinsame Weide mit Schafen, zum einen wegen des unkontrollierten Nahrungsangebotes, zum anderen, da ihr Fell wenig Fett enthält und nicht genügend Wasser abweisend ist. Esel können bei Regen und Kälte schnell krank werden.

Hufe und Zähne kontrollieren

Häufig wird bei Eseln die Hufpflege vernachlässigt. Als Folge werden Hufkrankheiten oft zu spät erkannt. Die Hufe sind überlang, stellt Edith Müller von der Eselmüllerstiftung fest. Diese nimmt vernachlässigte Esel auf, pflegt sie und vermittelt sie an neue Halter. Zu lange Hufe führen zu einer falschen Belastung. Eine geschwächte weisse Linie, der Übergang zwischen Hufwand und Sohle, bildet Eintrittspforten für Bakterien, die dann Hufabszesse verursachen können. Diese sind schmerzhaft, erklärt Mathieu de Preux, Tierarzt an der Pferdeklinik ISME. Der Tierarzt muss den Abszess öffnen, spülen und je nach Fall entzündungshemmende Medikamente oder Antibiotika verabreichen. Bei der losen oder hohlen Wand sind vor allem die Seitenwände des Hufes betroffen. Hier ist loses oder verändertes Horn zu entfernen und dafür zu sorgen, dass Luft an die Wunde kommt. Für die Häufigkeit der Hufpflege kommt es sehr auf den Untergrund an, sie sollte regelmässig gemacht werden. Auch die Zahnpflege wird beim Esel oft vernachlässigt, stellt der Tierarzt fest. Ein Grund dafür ist, dass der Esel die Zahnschmerzen nicht zeigt. «Der Esel frisst auch, wenn er Zahnschmerzen hat», erklärt der Tierarzt. Kaut der Esel das Heu nicht mehr richtig, ist das ein Indiz dafür, dass mit dem Gebiss etwas nicht stimmt. Ein Gewichtsverlust wird wegen des dicken Fells manchmal zu spät erkannt. De Preux empfiehlt eine regelmässige Zahnkontrolle durch den Tierarzt zusammen mit dem Impfen der Tiere. Zahnprobleme kommen vor allem bei älteren Eseln vor. Ihr Gebiss ist deswegen häufiger zu kontrollieren.

Anlaufstelle beim Tierschutzfällen

Zu Edith Müller kommen immer wieder Esel, die weder geimpft, registriert oder gechipt sind. Das dürfte daran liegen, dass sie von ihren Besitzern zu wenig wertgeschätzt werden, was sich in den oft tiefen Preise zeigt, für die sie angeboten werden. Für die billigen Tiere möchte man kein Geld für den Tierarzt ausgeben. Als Folge haben auch die Tierärzte wenig Erfahrung mit Eseln. Oft habe die Vernachlässigung mit Unwissenheit und Beratungsresistenz der Besitzerin oder des Besitzers zu tun. Müller’s Anliegen an die Eselhaltenden ist, sich weiterzubilden und zu melden, wenn sie Missstände sehen. Leider handelten nicht alle Veterinärämter auf einen Hinweis aus der Bevölkerung. Die Eselfachstelle (eselmuellerstiftung.ch) bietet in diesem Falle ihre Hilfe an, indem sie nach Möglichkeit den Kontakt mit ausgebildeten Eselbotschaftern im entsprechenden Kanton vermittelt. Deren Auskunft ist unentgeltlich.

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