Marché-Concours Saignelégier
Vom 11. August bis 13. August 2023, besucht am 12. und 13. August 2023
Der Schweizer Tierschutz STS akzeptiert, dass der Marché-Concours für Tradition steht und für die Zucht, Vermarktung und Nutzung der Freibergerpferde eine wichtige Rolle spielt. Die Bedingung für diese Akzeptanz ist aber, dass das Pferdewohl an oberster Stelle steht und schlechte Haltungsbedingungen nicht mit «Tradition» gerechtfertigt werden. Die Haltungsbedingungen der Mehrheit aller präsentierten Pferde beurteilt der STS tatsächlich als inakzeptabel. Insbesondere die Anbindehaltung in der grossen Halle sowie in den alten Stallungen sind zukünftig unbedingt zu verbessern. Die Kritikpunkte sind nicht neu. In den letzten vier Jahren – seit dem letzten Marché-Concours – fanden mehrere Gespräche mit dem Verband und mit der Veranstaltungsleitung statt – umso höher waren die Erwartungen, dass die diskutierten Verbesserungsmassnahmen auch tatsächlich umgesetzt werden würden.
Wie schon in den letzten Jahren hinsichtlich des eingeschränkten Platzbedarfs, des fehlenden Sichtschutzes und den Verletzungsgefahren kritisiert, wurden wiederum viele Stuten mit ihren Fohlen auf dem Aussengelände in aufgebauten Panelboxen untergebracht. Diese stellten insbesondere für die Fohlen eine Verletzungsgefahr dar. In der Tat konnten bei einigen Fohlen an ihren feingliedrigen Füssen Verletzungen dokumentiert werden. Wiederholt empfahl der STS den Organisatoren in den letzten Jahren, dass mindestens der untere Bereich der Panelboxen verkleidet werden müsse, um Verletzungen der Füsse beim Hinlegen und Aufstehen der Tiere zu verhindern. Da es gerade aufgrund des eingeschränkten (nicht gesetzeskonformen!) Platzbedarfs kaum Ausweichmöglichkeiten für die Pferde gibt, wäre gerade hier auch der Sichtschutz zum benachbarten Pferd eine dringend zu installierende Massnahme, um ein friedliches Auskommen der benachbarten Pferde zu gewährleisten.
Die angebundenen Equiden hatten, nebst ihren eingeschränkten Bewegungsmöglichkeiten, auch keinerlei Sichtschutzund Rückzugsmöglichkeiten. Sich unbekannte Tiere standen zudem viel zu nahe beieinander, was in der Konsequenz zu häufigem Abwehrverhalten mit gegenseitigem Beissen und Schlagen führte. Zwar versuchten die Aufsichtspersonen einzugreifen, wo sie konnten, jedoch kamen sie hierfür meistens zu spät. Pferde, die sich wiederholt angriffen, wurden leider nicht umplatziert. Zudem konnten die angebundenen Pferde von allen Seiten her vom Publikum berührt und bedrängt werden, ohne jegliche Möglichkeit ausweichen zu können. Damit wurden die in Anbindehaltung aufgestallten Pferde in ihrer Anpassungsfähigkeit massiv überfordert, was als tierschutzwidrig eingestuft werden muss. Zudem konnte es auch für die Besucherinnen und Besucher gefährlich werden, wenn sie von hinten an die Pferde herantraten bzw. hinter den Pferden vorbeigehen wollten. Die meisten Pferde waren bereits am Mittag sichtlich erschöpft, was auf die anstrengende Situation der Anbindehaltung und den ständigen Publikumsverkehr zurückzuführen ist. Für den STS ist nach wie vor nicht nachvollziehbar, wieso die traditionelle Anbindehaltung in der grossen Halle weiterhin toleriert wird, obschon den Pferden doch ganz offensichtlich die rechtlich vorgeschriebene Rückzugsmöglichkeit und der Sichtschutz fehlt, welche gemäss Tierschutzverordnung auch an Ausstellungen und Tiermärkten einzuhalten ist.
Auch den Tieren aus dem Gastkanton Wallis ging es nicht nur gut. Die Schafe, Ziegen, Eringerkühe und Bernhardiner litten offensichtlich unter der Hitze und wiesen erhöhte Atemfrequenzen und eine forcierte Atmung auf. Auch hinsichtlich der Hitzebelastungen darf vom Veranstalter in Zukunft eine optimierte Unterbringung der diversen Tierarten mit Rücksicht auf ihre unterschiedlichen Haltungsanforderungen erwartet werden.
Die Bedingungen am Marché-Concours sind derzeit für einen Grossteil der Pferde nicht tragbar. Es sind aus Sicht Tierschutz dringend Verbesserungsmassnahmen nötig. Die massiven Unterschreitungen der Tierschutzverordnung rücken die gesamte Veranstaltung erneut in ein schlechtes Licht, und zwar so sehr, dass selbst die positiven Haltungsbeispiele in den Aussenzelten, die eingeführten Optimierungen (Aufsichtspersonen, regelmässige Heuund Wassergabe, Informationsposter) und auch gelungene Vorführungen negativ überdeckt wurden. Der Veranstalter ist in der Pflicht dafür zu sorgen, dass die gesetzlichen Bestimmungen eingehalten werden. Weiter erwartet der STS von ihm, dass dem Publikum eine zeitgemässe, vorbildliche und pferdefreundliche Haltung präsentiert und damit ihre Vorbildfunktion erfüllt wird. Auch die Sicherheit für die Tiere und das Publikum muss zu jeder Zeit garantiert werden. Danebst steht das kantonale Veterinäramt in der Verantwortung, den Vollzug der Tierschutzbestimmungen durchzusetzen – auch wenn damit die Beanstandung von Verstössen gegen die Tierschutzverordnung und deren Ahndung unumgänglich werden sollten. Es bleibt festzuhalten, dass selbst langlebige Traditionen sich nicht über das gesetzlich geschützte Tierwohl stellen dürfen, insbesondere dann nicht, wenn die Veranstaltung auch in Zukunft sowohl von Tierschutzorganisationen wie von der breiten Öffentlichkeit akzeptiert werden möchte.
Es gab im Vergleich zum letzten Jahr einige Verbesserungen wie der Einsatz von Aufsichtspersonen, die zuverlässige Wasser und Heugabe, sowie die Platzierung von Informationspostern. Trotzdem ist der STS enttäuscht darüber, dass es weiterhin zahlreiche Mängel festzuhalten gilt. Diese missachten nicht nur das Pferdewohl, sondern auch zum Teil die gesetzlichen Vorschriften. In den alten Stallungen wurden die gesetzlichen Vorschriften betreffend der Boxengrösse regelmässig weit unter dem Mindestmass unterschritten. Es gab Boxen, die nur ein Drittel der in der Tierschutzverordnung vorgeschriebenen Mindestfläche vorwiesen. Die Unterschreitung der Flächenvorschriften an kurzdauernden Ausstellungen ist geringfügig erlaubt – jedoch nicht im vorgefundenen Masse. Besonders stossend ist, wenn solche Flächen dann noch für zwei Pferde, also Fohlen und Mutterstute herhalten müssen. Die Fohlen und ihre Mütter konnten sich kaum drehen, ein Hinlegen war praktisch unmöglich. Der STS stufte die beengte Situation als sehr belastend für die Pferde ein.