Ein grüner Vogel mit einem gelben Fleck auf der Stirn vor einem Metallgitter mit verschwommenen Hintergrund

Tierschutz & Vögel 

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Tierschutzprobleme bei der privaten Vogelhaltung


Bei den als Heimtieren gehaltenen Vögeln gibt es eine Vielzahl an Tierschutzproblemen: Sie reichen von Einzelhaltungen, viel zu kleinen oder schlecht eingerichteten Käfigen über Fehlprägungen durch Handaufzuchten, Extremzuchten bis zu skrupellosem Handel mit seltenen und geschützten Arten.

Wie geht es den Vögeln in Schweizer Haushalten?


Der Schweizer Tierschutz STS hat im Rahmen einer Umfrage bei Schweizer Vogelhalterinnen und Vogelhaltern zur Vogelhaltung besorgniserregende Entdeckungen gemacht: Bei fast der Hälfte der befragten Vogelhalterinnen und -halter fanden sich Hinweise auf Verstösse gegen die gesetzlichen Tierschutzmindestanforderungen. Auch das aktuelle Vogelkäfigangebot im Internet lässt schlechte Haltungsbedingungen erahnen.

Wie gross sind Vogelkäfige in der Schweiz?

Gehegedimensionen (L x B x H) von 95 Vogelhaltungen

Gehegedimensionen (L x B x H) von 95 Vogelhaltungen.

Werden Vogelgehege tierfreundlich eingerichtet?

Einrichtung von 131 Vogelgehegen

Wie verbreitet ist die tierquälerische Einzelhaltung bei Vögeln?

Beurteilung der Sozialstruktur bei 127 Haltungen

Gemäss Tierschutzgesetzgebung in der Schweiz ist die Einzelhaltung von Vögeln verboten. Die sozialen Tiere benötigen zwingend artgleiche Partner. Ansonsten leiden sie sehr unter der erzwungenen Isolation, verkümmern sozial und entwickeln in der Folge gravierende Verhaltensstörungen. Die STS-Umfrage ergab aber, dass die Einzelhaltung von Vögeln trotzdem noch existiert:

In rund 21 Prozent der bei der Umfrage beurteilten Haltungen leben Vögel in tierquälerischer, verbotener Einzelhaltung (= Kategorie unpassend). Bei den anderen 79 % der Haltungen gaben die Befragten an, mindestens zwei artgleiche Tiere im Gehege zu halten.

Auffällig ist, dass die Einzelhaltung nicht bei allen Vogelarten und -gruppen gleich häufig war: Während bei Finken keine Einzelhaltung genannt wurde, ist diese bei Papageien und Sittichen recht häufig, insbesondere bei Graupapageien und Nymphensittichen. In mehreren Fällen werden in Gehegen mit mehreren Vogelarten nur Einzeltiere einer Art gehalten. Auch dies muss kritisiert werden, da Vögel aufgrund der artspezifischen Kommunikationsform stets einen artgleichen Partner brauchen und mit Tieren anderer Arten nur bedingt ihr Grundbedürfnis nach Sozialkontakt ausleben können. Bei 6 von 24 Einzelhaltungen befinden sich problematische Spiegel in den Gehegen. Der Irrglaube, dass Spiegeleinen Partnerersatz darstellen hält sich somit hartnäckig. Besonders häufig betroffen sind Nymphensittiche.

Gibt es Tierschutzprobleme beim Verkauf und bei der Zucht von Vögeln?

Vögel werden am häufigsten direkt bei einer Zucht gekauft (53 %). An zweiter Stelle steht der Zoofachhandel, wo 35 % der Befragten Vögel erwerben. Fast drei Viertel der Tiere stammt aus einer Nachzucht in der Schweiz, was aus Tierschutzsicht dem Import generell vorzuziehen ist. Bei Vögeln aus Import ist die Herkunft häufig unklar und fragwürdig: Zucht- und Aufzuchtbedingungen, ein strapaziöser Transport sowie der teils illegale Handel mit Wildfängen und/oder geschützten Arten stellen massive tierschutzrelevante Problematiken dar. Hier ist der Erwerb von Nachzuchten von gut geführten Schweizer Zuchten eindeutig vorzuziehen.

13 % der Befragten gaben an, dass sie mindestens ein Tier halten, welches aus Handaufzucht stammt. Die systematische Handaufzucht von Vögeln zwecks Hervorbringen von zahmen, aber auf den Menschen fehlgeprägten Vögeln ist aus Tierschutzsicht konsequent abzulehnen. Zu gross ist das Risiko, dass die Vögel Verhaltensstörungen und Gesundheitsprobleme entwickeln und ein artgemässes Leben mit artgleichen Sozialpartnern niemals möglich sein wird. Aus Sicht des STS sollte die systematische Handaufzucht, so wie sie immer noch weit verbreitet bei einigen Papageienartigen gehandhabt wird, dringend gestoppt werden. Käufer sollten auf den Kauf solcher Tiere verzichten, aber natürlich ist auch ein Umdenken bei der Züchterschaft dringend angezeigt.

Erwerb von Vögeln, basierend auf den Angaben von 139 Befragten

STS-Tierschutzprojekte für Vögel


Der STS setzt sich für den Tierschutz bei Vögeln derzeit speziell mit folgenden Projekten ein:

Tierhaltungsrechner: Aufklärung und Information für Vogelhaltende

Mit dem Online-Tool «Tierhaltungsrechner» hat der STS erstmalig ein einfach verständliches Instrument geschaffen, mit dem sich Interessierte eine Übersicht zu den Haltungsanforderungen von kleinen Heimtieren wie Vögeln verschaffen können.

Ausbildung für Fachpersonen: Verkauf von gesetzeskonformen und tierfreundlichen Vogelgehegen

Vor knapp fünf Jahren wurde in der Schweiz für den gewerbsmässigen Verkauf von Kleintiergehegen eine Informationspflicht eingeführt. Anbieter sind seither verpflichtet, die Masse der Gehege anzugeben. Ebenso müssen Informationen zur Art und maximalen Anzahl Tiere in einem Gehege aufgeführt werden. Auch die Abgabe von schriftlichem Informationsmaterial zu den Bedürfnissen der Tiere ist verpflichtend. Eine solche korrekt umgesetzte Informationspflicht leistet zweifelsfrei einen wichtigen Beitrag, tiergerechtere Lebensbedingungen für kleine Heimtiere wie Meerschweinchen, Kaninchen, Wellensittiche, Hühner, Geckos, Aquarienfische, etc. zu schaffen. Obwohl sich seit Einführung der Informationspflicht bereits einiges verbessert hat, besteht weiterhin grosser Handlungsbedarf: Bei vielen Gehegeverkäufen wird die Informationspflicht nicht vollständig, fehlerhaft oder gar nicht umgesetzt. Dies belegen verschiedene Recherchen des Schweizer Tierschutz STS. Der STS führt Schulungen und Beratungen für Fachpersonen zu diesem Thema durch.

Sind Sie oder ihr Team interessiert an einer Schulung oder Unterlagen zum Thema? Nehmen Sie mit uns Kontakt auf: sts@tierschutz.com

Vögel an Veranstaltungen (Vogelbörsen und Tiermärkte)

Mehrmals im Jahr finden in der Schweiz Vogelbörsen und verschiedene andere Tiermärkte statt, an welchen Vögel verschiedenster Arten ausgestellt und verkauft werden. Allerdings trifft der STS immer wieder auf Tierschutzprobleme bei solchen Veranstaltungen. Da es leider nur minimale rechtliche Rahmenbedingungen gibt, bringen Züchter oder Händler ihre Tiere oftmals in zu kleinen Behältern ohne Rückzugsmöglichkeiten. Für die Vögel sind solche Veranstaltungen belastend, schon alleine wegen des Lärmes und der ungewohnten Umgebung. Kaufinteressierte Personen sollten sich daher gut überlegen, ob sie an solchen Veranstaltungen Vögel erwerben möchten, da diese in vielerlei Hinsicht für die ausgestellten Tiere strapaziös sind.

Mehr Infos zu Ausstellungen, Tiermärkten und Börsen: 

Ungeeignete Vogelkäfige im Online- und Zoofachhandel

Extremzucht bei Vögeln

Die Extremzuchtproblematik ist bedauerlicherweise auch bei Vögeln verbreitet. Bei Vogelausstellungen werden Tiere nicht nur einfach zur Schau gestellt, sondern von Preisrichtern nach speziellen Richtlinien, den sog. «Rassestandards» benotet, wodurch der «Zuchtwert» der Tiere beurteilt werden soll. Bei der Erstellung zahlreicher sog. «Musterbeschreibungen» wurden allerdings biologische Notwendigkeiten völlig ausser Acht gelassen, während andererseits abwegige, zum Teil geradezu bizarre Wunschvorstellungen vom idealen Rassetyp als Rassestandard definiert wurden. Einige schwerwiegende Zuchtdefekte werden immer noch als Rassekennzeichen propagiert und etabliert, die aus Sicht des Tierschutzes konsequent abzulehnen sind. Beim Wellensittich ist etwa das Merkmal «Federhaube» kritisch zu sehen. Untersuchungen ergaben, dass fast die Hälfte der Nachkommen von Haubenwellensittichen geschädigt sein kann. Die hohe Sterblichkeitsrate wird auf krankhafte Flüssigkeitsansammlungen im Gehirn zurückgeführt, die letztendlich zu Gehirnblutungen und damit zum Tod führen. Lebensfähige Individuen leiden aufgrund abnormer Gehirnvergrößerungen häufig unter Verhaltensbeeinträchtigungen und Gleichgewichtsstörungen.

Beim Kanarienvogel sind zum Beispiel verschiedene, sogenannte «Positurkanarien» wie Norwich- oder Crested- und Crestbred-Kanarien als Tiere mit eindeutigen Extremzuchtmerkmalen anzusehen und aus Tierschutzsicht konsequent abzulehnen. Sie fallen durch ihre besondere Federfülle auf. Gleichzeitig erscheint das Gefieder weich und zottelig und bietet daher keinen wirksamen Nässeschutz mehr. Bei langfiedrigen Kanarienvogelrassen stellen sich darüber hinaus häufig genetisch bestimmte Federmissbildungen ein. Im Extremfall rollen sich die Federn in der Haut ein und bilden sog. «Federbalgzysten» oder «lumps», die operativ entfernt werden müssen. Als problematisch ist bei diesen Rassen auch die extreme Kopfbefiederung anzusehen. Viele Vögel sind stark sehbehindert, da die Augen fast völlig von Federn verdeckt werden.

Der STS unterstützt die internationale Extremzucht-Informationsplattform QUEN. Diese einzigartige Plattform bietet für Fachkreise eine wertvolle Anlaufstelle für die Tierschutzarbeit rund um Extremzuchten.

Vogelpark Ambigua, Zeihen

Wie leben Vögel in Schweizer Haushalten? 

Eine STS-Recherche zur Vogelhaltung in der Schweiz zeigt: Bei der Hälfte der analysierten Vogelhaltungen wurden Hinweise auf mindestens einen Verstoss gegen die Schweizer Tierschutzgesetzgebung gefunden.

Forderungen des STS, um den Tierschutz bei Vögeln zu verbessern


Um die Vogelhaltung zu nachhaltig verbessern, erachtet der STS folgende Massnahmen als zentral:

Zucht

  • Keine Extremzuchten in der Zucht: Vogelzuchtvereine und eigenständige Züchter sollten gute Zuchtbedinungen schaffen und von Extremzuchten konsequent absehen und sich gegen Extremzuchten aussprechen. 
  • Keine systematischen Handaufzuchten: Bei einigen Papageienartigen (z.B. Graupapageien) werden Vögel systematisch von Hand aufgezogen, damit sie zahm werden. Dies führt zu Fehlprägungen auf den Menschen und zu Verhaltensstörungen was mit viel Tierleid verbunden ist. 

Gesetzgebung und Vollzug

  • Die Mindestanforderungen für die Haltung von Vögeln sind viel zu tief angesetzt, sie müssen um ein Vielfaches erhöht werden. 
  • Der Vollzug der Informationspflicht muss massgeblich verbessert werden: Eine konsequente Umsetzung der Informationspflicht würde helfen, die massivsten Missstände schon beim Erwerb der Tiere und deren Gehege zu verhindern (z. B. Einzelhaltungen von sozialen Arten). Der Kauf von Tieren und Gehegen ist für viele Halterinnen und Halter nämlich der einzige Kontaktpunkt mit Fachpersonen für die jeweilige Tierart. Bei allen gewerblichen Tier- und Gehegeverkäufen muss die gesetzliche Deklarations- und Informationspflicht darum endlich konsequent vollzogen werden, so wie der STS dies seit langem fordert. 

Handel und Industrie

  • Zoofachhandlungen müssen ihre Vorbildfunktion wahrnehmen. Sie sollen vorbildliche Vogelhaltungen zeigen und zukünftige Tierhalterinnen und Tierhalter kompetent beraten.
  • Der Handel wird aufgefordert, auf kleinste Käfigmodelle sowie auf den Verkauf von problematischem Zubehör (Spiegel) konsequent zu verzichten. Das Angebot an Gehegen, die deutlich über die Mindestmasse gemäss Gesetzgebung hinausgehen, soll ausgebaut werden.
  • Förderung der Entwicklung und Herstellung von grosszügigen Vogelvolieren aus variablen Elementen als Standardmodelle im Zoofachhandel. Hier sind die Hersteller und Produzenten aus dem Gehege- und Volierenbau gefordert. Die zeitnahe Entwicklung von grosszügigeren, tierfreundlicheren Modellen soll zügig und in Eigenintitative vorangetrieben werden.
  • Einhaltung der gesetzlichen Informations- und Deklarationspflicht:
    Die Informationspflicht muss auch bei nicht auf Tierzubehör spezialisierten Onlineshops, den sogenannten «Allesanbietern» umgesetzt werden. Tiergehege sind niemals geeignete Verkaufsobjekte für unspezialisierte Webshops! Dies fördert Tierleid. Sofern Onlineanbieter nicht gewillt sind, sich entsprechende Fachkenntnisse anzueignen, muss auf den Verkauf von Vogel- und anderen Tiergehegen verzichtet werden.
  • Bereitstellung von geeignetem Infomaterial für Kunden:
    Verantstalter von Vogelbörsen, Ausstellungen und Tiermärkte: Diese sollen ebenfalls für möglichst tierfreundliche Bedingungen an sämtlichen Veranstaltungen mit Tieren sorgen. Die vollumfängliche Einhaltung der rechtlichen Rahmenbedingungen für Veranstaltungen mit Vögeln sollte eine Selbstverständlichkeit sein.

Vogelhaltende

  • Auch die Eigenverantwortung aller Vogelhalterinnen und Vogelhaltern ist gefordert: Sie müssen sich VOR einem Kauf besser informieren und von Spontankäufen absehen. Mit www.tierhaltungsrechner.ch  ist es einfach, sich einen ersten Überblick über die Bedürfnisse einer Tierart zu verschaffen.

Mehr Informationen rund um die tiergerechte Vogelhaltung gibt es hier: