Eine Mauss mit einem Gerät auf dem Kopf während es etwas aus eine Pipette trinkt

Tiere in der Forschung

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Situation
Tierversuche: Stand heute


Tierversuche sind in der Politik und Wissenschaft seit Jahrzehnten fest etabliert und weitgehend akzeptiert. Viele Tierversuche sind sogar für die Marktzulassung und den Vertrieb von Medikamenten und Chemikalien gesetzlich vorgeschrieben. Rund 70% der Versuchstiere wird für die Erforschung von Krankheiten des Menschen eingesetzt, primär für Krebs-, Herz-Kreislauf- und neurologische Erkrankungen des Menschen wie Alzheimer und Parkinson. Längst ist vielfach wissenschaftlich bestätigt, dass Tierversuche nicht den erzielten Erkenntnisgewinn bringen und die Ergebnisse sich nur schwer auf den Menschen übertragen lassen.

Obwohl jährlich weltweit mehrere hundert Millionen Versuchstiere verwendet und damit einhergehend enormes Tierleid und horrende Kosten verursacht werden, bringen sie nicht den Durchbruch hinsichtlich der benötigten Therapien und Medikamente. Tierversuche werden also nicht gemacht, weil sie wissenschaftlich nötig oder gar die Methode der Wahl sind, sondern, weil sie sich traditionell festgesetzt haben. Die grösste Herausforderung im Tierschutz ist es, diese konservative Ideologie zu durchbrechen und an deren Stelle eine innovative und moderne Forschung ohne Tierversuche und Tierleid zu etablieren. Dies würde auch den Forschungs- und Bildungsstandort Schweiz weiterentwickeln und nachhaltig sichern. Der STS setzt sich dafür ein, dass Tierversuche langfristig durch tier(versuchs)freie Methoden ersetzt werden.

Tierversuche auf den Punkt gebracht
Eine Standortbestimmung

Der Weg in die Zukunft führt mit modernen Technologien zu weniger Tierleid und mehr Fortschritt ohne Tierversuche.

Früher mögen Tierversuche für den medizinischen Fortschritt wichtig gewesen sein. Auch heute noch mag es wissenschaftliche Fragestellungen geben, die mit Tieren erforscht werden können – grundsätzlich wird aber immer deutlicher, dass sie unnötig, unnütz und grösstenteils überholt sind. Längst stehen den Forschenden nämlich moderne, innovative, tierfreie Verfahren zur Verfügung, deren Ergebnisse besser auf den Menschen übertragbar und damit der menschlichen Gesundheit weitaus nützlicher sind. Tier(versuchs)freie Methoden sind zudem aussagekräftiger, häufig präziser, schneller, viel günstiger, kurz gesagt: viel effizienter.

Das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen veröffentlich mit einem Bericht einmal jährlich eine Statistik über die in Tierversuchen verwendeten Tiere (Anzahl, Tierart, Schweregrad, Forschungsgebiet, Verwendungszeck). 

Finanzierung von Tierversuchen
mit öffentlichen Geldern

Die Amerikaner machen es uns vor: Mit Millionen von Dollars fördern sie tierversuchsfreie Methoden, um etwa die grausamen Toxizitätstests mit Tieren abzuschaffen. Dies, nachdem das renommierte Wissenschaftsjournal «Science» aufzeigte, dass Alternativen meist wissenschaftlich genauer, schneller und kostengünstiger sind. Gemäss Fachliteratur besitzen Tierversuche in der Toxikologie eine Vorhersagekraft für den Menschen von etwa 50–60%. Das bedeutet, dass hier praktisch jeder zweite Tierversuch sinnlos und ohne Nutzen für den Menschen ist. Die US-Umweltbehörde gibt an, in Tierversuche zum Test chemischer Stoffe eine halbe bis eine Million US-Dollar pro Substanz investieren zu müssen, während der Einsatz einer tierversuchsfreien Methode lediglich 30 000 US-Dollar kostet. Auch an Deutschlands Universitäten wird mit Hochdruck an tierversuchsfreien Methoden geforscht.

Demgegenüber setzt der Forschungsstandort Schweiz bis heute auf die veraltete und ethisch fragwürdige Tierversuchstechnologie. Die vorliegende Recherche des Schweizer Tierschutz STS zeigt, dass die gesetzlich vorgeschriebene Alternativforschung von der öffentlichen Hand lediglich mit einem Bruchteil öffentlicher Gelder unterstützt wird, welche für Tierversuche zur Verfügung stehen. Die staatlich finanzierte Tierversuchsforschung kostet den Steuerzahler jedes Jahr mehrere 100 Millionen Franken.

Dabei ist vielen Menschen nicht bewusst, dass heute ein Grossteil der Tierversuche in der universitären Forschung, insbesondere der Grundlagenforschung, durchgeführt wird. Die hierzu verwendete Anzahl an Versuchstieren, auch für schwer belastende Experimente, nimmt Jahr für Jahr zu. Demgegenüber ist der Tierverbrauch in der Wirtschaft, u. a. bei den Pharmakonzernen, seit Jahren rückläufig, da hier aus wissenschaftlichen und wirtschaftlichen Gründen verstärkt auf Alternativmethoden und das 3R-Prinzip (Replace, Reduce, Refine) gesetzt wird. Der STS fordert Politik und Behörden auf, die Vorgaben im Tierschutzgesetz zum Ersatz von belastenden Tierversuchen endlich umzusetzen und den Forschungsstandort Schweiz durch ein konsequentes Umsteuern vom Tierversuch hin zu tierversuchsfreien Alternativen zu stärken

Missstände und Handlungsbedarf
Schwerbelastende Tierversuche

Wissenschaftler begründen die Unverzichtbarkeit ihrer beantragten Tierversuche häufig mit deren medizinischer Bedeutung. Gleichzeitig ist wissenschaftlich erwiesen, dass Tierversuche sowohl falsch positive als auch falsch negative Ergebnisse liefern können und dass die Wahrscheinlichkeit verfälschter Versuchsergebnisse hoch ist, wenn die Tiere vor oder während der Versuche gestresst sind, leiden, Schmerzen oder Ängste haben.

Die Effizienz von Tierversuchen, aus denen letztlich neue Medikamente und Therapien für den Menschen entwickelt werden sollen, liegt, selbst nach jahrzehntelanger Forschung und endlos vielen Experimenten mit weltweit jährlich über 100 Millionen Tieren, bei maximal 5 bis 10 %.

Trotzdem werden weiterhin jedes Jahr mehrere Hundert Millionen Franken in eine nicht tiergerechte Versuchstierhaltung, in fragliche, kaum übertragbare Forschungsergebnisse und in unerfüllte Versprechungen der Tierversuchsforscher investiert.

Die Hoffnung der Menschen in Bezug auf eine gute Gesundheit und weniger Krankheiten ist einlösbar, wenn wir auf tierversuchsfreie Technologien setzen und von Tierversuchen abrücken, insbesondere den belastenden.

Gentechnik an Tieren

Gentechnisch veränderte Versuchstiere
und Überschusstiere

In der Schweiz werden mehr als doppelt so viele Tiere in Labortierhaltungen geboren oder importiert, wie tatsächlich in Tierversuchen eingesetzt werden. Der Schweizer Tierschutz STS fordert seit Langem eine strengere Regulierung bei der Herstellung und Verwendung gentechnisch veränderter Tiere. Der Bundesrat soll nun in einem Bericht aufzeigen, wie die Hunderttausende überzähligen Labortiere nachhaltig reduziert werden können.

Die Tierversuchsstatistik der letzten Jahre weist nach, dass längst nicht alle für Tierversuche gezüchtete Labortiere tatsächlich in Tierversuchen eingesetzt werden. Mehr als doppelt so viele Tiere wurden in Labortierhaltungen geboren (1,06 Mio.) oder importiert (über 230’000), wie tatsächlich in Tierversuchen verwendet wurden (über 550’000 Tiere). Von den 2020 in den 150 Schweizer Versuchstierhaltungen gezüchteten und importierten Tiere waren knapp 80% Mäuse. Der grösste Teil dieser Mäuse ist gentechnisch verändert (777’512). Bei der Herstellung gentechnisch veränderter Mäuse entstehen sogar fast fünfmal so viele überzählige Tiere, sogenannte Überschusstiere, wie tatsächlich in Tierversuchen eingesetzt werden (157’221). Die allermeisten müssen euthanasiert und entsorgt werden. Die gängigste Tötungsmethode mittels CO2-Vergasung ist für viele Tiere äusserst qualvoll. Bei den gentechnisch veränderten Fischen (142’733) entstehen noch mehr Überschusstiere: Fast zwanzigmal so viele Tiere, wie dann im Tierversuch tatsächlich genutzt werden (7530). 

«Das ist nicht nur eine Verschwendung von Tierleben, sondern auch ethisch und in Bezug auf das mit der Zucht und Versuchstierhaltung verbundene Tierleid äusserst problematisch», sagt Dr. med. vet. MLaw Julika Fitzi-Rathgen, Leiterin Fachstelle Tierversuche beim Schweizer Tierschutz STS. Gesetzlich sei das 3R-Prinzip (Replace, Reduce, Refine – Ersetzen, Reduzieren, Verbessern) zur Förderung alternativer Versuchsmethoden seit mehr als 30 Jahren verankert – es scheint sich aber in Bezug auf die überzähligen Tiere nicht auszuwirken, womit dringender Handlungsbedarf besteht.

Anzahl der für wissenschaftliche Zwecke genutzten Tiere in der Schweiz


2020

2022


Mäuse

346382

davon gentechnisch verändert: 157221
Anzahl überzählige Mäuse: 681314

352367

davon gentechnisch verändert: 157340
Anzahl überzählige Mäuse: 677816


Ratten

52671

davon gentechnisch verändert: 1432
keine überzähligen Ratten 2020

50769

davon gentechnisch verändert: 1210
Anzahl überzählige Ratten: 2440


Fische

33328

davon gentechnisch verändert: 7530
Anzahl überzählige Fische: 164919

79706

davon gentechnisch verändert: 14309
Anzahl überzählige Fische: 79040


Kaninchen

483

davon gentechnisch verändert: 15
keine überzähligen Kaninchen 2020

581

davon gentechnisch verändert: 65
keine überzähligen Kaninchen 2022


Primaten

190

200


Amphibien
Reptilien

30774

keine gentechnisch veränderten Reptilen 2020
keine überzähligen Kaninchen 2020

7694

davon gentechnisch verändert: 2374
Anzahl überzählige Aphibien: 9754


Hunde

4594

2056


Katzen

1472

309


Schweine

5037

3617


Schafe/Ziegen

1789

1903


Meerschweinchen

281

196


Vögel (inkl.Geflügel)

66242

64686


Pferde/Esel

1557

3276


Rinder

8442

15703


Hamster

176

142


Quellen: 

Labormaus auf blauen Gummi-Handschuhen als Tiere in der Forschung.

Auch Forschende in die Pflicht nehmen

Ständerätin Maya Graf (Grüne/BL) verlangte vom Bundesrat, dass er in einem Bericht aufzeigt, «wie die Hunderttausende Labortiere, die jedes Jahr bei der Zucht von Versuchstieren entstehen und überzählig sind, nachhaltig reduziert werden können. Zudem sollen die Erhebung und Entwicklung dieser Tierzahlen jährlich, realistisch, zeitnah und für die Öffentlichkeit nachvollziehbar publiziert werden». Der Bericht soll zudem beinhalten, wie die beteiligten Versuchstierhaltungen, Zuchtbetriebe und Forschenden für die Reduktion der sinnlos gezüchteten Tiere und die Anwendung tierschonenderer Tötungsmethoden in die Pflicht genommen werden können.  

Neue Studie von Schweizer Tierschutz STS und der Schweizer Allianz Gentechfrei zu den Anwendungen der neuen Gentechnik bei Tieren

Die Entwicklung genomeditierter GV-Nutztiere boomt. Noch nie wurden so viele verschiedene Tierarten für die Zwecke der Forschung und Züchtung gentechnisch verändert. Die Anwendungsgebiete reichen von Versuchstieren für die biomedizinischen Forschung über die Landwirtschaft bis zu Naturschutzzwecken, und sogar auch bei Heimtieren soll die Genomeditierung zum Einsatz kommen. Wie trägt die Entwicklung genomeditierter GV-Tiere zur Lösung der bestehenden Probleme bei? Woran wird geforscht? Welche neuen Risiken ergeben sich? Was bedeutet der neue Schub an veränderten Tieren für Umwelt, Konsum und für die Tiere selbst? Wird es in Zukunft CRISPR-Tiere made in Switzerland geben? Diese Aspekte erläutert eine neue Studie von Schweizer Tierschutz STS und der Schweizer Allianz Gentechfrei aus Sicht des Tier-, Umwelt- und Konsumentenschutzes.

Forschung ohne Tierversuche (Replace),
mit weniger Tierverbrauch (Reduce)
in weniger belastenden Tierversuchen (Refine)

Der STS setzt sich mit seiner Fachstelle Tierversuche engagiert und sachkundig dafür ein, dass das Halten, Züchten und Verwenden von Versuchstieren auf ein Minimum reduziert wird und die Schweiz für die Erforschung menschlicher Krankheiten zukünftig auf tier(versuchs)freie Methoden umsteigt. Die Fachstelle widmet sich dabei mit viel Wissen und Erfahrung einer Reihe wissenschaftlicher, tierschutzrelevanter und ethischer Fragen im Bereich Tierversuche und Alternativmethoden. Der konstruktive und sachkundige Ansatz des STS und die positiven Ergebnisse, die wir erzielen, sind weithin anerkannt und von zielverwandten Organisationen, mit denen wir in Kontakt stehen, sowohl auf nationaler als auch auf internationaler Ebene respektiert.

Der STS organisiert jährlich eine Tierversuchstagung mit dem Fokus auf den 3R.

Primatenversuche

Primaten gehören zu den nächsten Verwandten des Menschen. Das macht sie zu einem wertvollen Versuchsobjekt für Forscher.

Primaten sind hoch intelligente und soziale Tiere. An ihrer physischen und psychischen Leidensfähigkeit bestehen keine Zweifel. Versuche an Primaten sollen eine Grundlage sein, irgendwann Krankheiten wie Epilepsie, Alzheimer, Parkinson oder Krebs behandeln zu können. Den Durchbruch brachten Tierversuche bislang nicht. So ähnlich Affen dem Menschen auch sein mögen, die Unterschiede sind zu gross, als dass die Tierexperimente aussagekräftige, auf den Menschen übertragbare Erkenntnisse liefern würden. Stattdessen werden die Tiere als Versuchsobjekte gefangen gehalten, leiden an Medikamentennebenwirkungen, werden operiert, zur Kooperation genötigt, getötet. Dem Einsatz im Tierversuch geht ein langes Training mit vielen Entbehrungen, Ängsten und Leid voran. Die sensiblen Tiere müssen «willig» gemacht werden. Niemals würden sie sich – wie das von Forschenden gerne behauptet wird – freiwillig solchen Manipulationen aussetzen, wenn sie die Wahl hätten.Insbesondere in der staatlich subventionierten universitären Grundlagenforschung stehen einem vagen Erkenntnisgewinn oft leidvolle Experimente und eine nicht artgemässe Tierhaltung gegenüber. Das ist aus Tierschutzsicht nicht zu rechtfertigen.