Vogelpark Ambigua, Zeihen

STS-Recherche zur Vogelhaltung 

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Wie leben Vögel in Schweizer Haushalten? 


Ergebnisse einer anonymen Umfrage

Der Schweizer Tierschutz STS hat eine Recherche zur Vogelhaltung in der Schweiz durchgeführt und dabei besorgniserregende Entdeckungen gemacht: Bei 50 % von 146 durch den STS analysierten Vogelhaltungen wurden Hinweise auf mindestens einen Verstoss gegen die Schweizer Tierschutzgesetzgebung gefunden. Wenn die Ergebnisse auf die gesamte Schweiz hochgerechnet werden, ist schweizweit von rund 20 000 nicht legalen und somit strafbaren Vogelhaltungen auszugehen.

Vögel sind keine Dekoobjekte 

Die immer noch häufig verwendete Bezeichnung «Ziervögel» für Wellensittich, Kanarienvogel, Zebrafink und Co. zeigt auf, welchen Zweck viele als Heimtiere gehaltene Vögel während Jahrhunderten in erster Linie erfüllen mussten: Durch ihre prächtige Farbenvielfalt und ihren Gesang dienten sie zum Aufhüb- schen der menschlichen Behausung – je exotischer, farbenprächtiger und singfreudiger die Vögel, desto besser. Aus Tierschutzsicht ist die Haltung von Tieren zur reinen Zierde nicht angebracht: Bei einer guten, zeitgemässen Heimtierhaltung stehen stets die Bedürfnisse des Tieres im Zentrum. Vögel sollen in grosszügigen Gehegen mit artgleichen Sozialpartnern gehalten werden. Die Einrichtung muss sich stets an den natürlichen Bedürfnissen der Vogelart orientieren. Eine solche zeitgemässe Vogelhaltung ist aber noch längst keine Selbstverständlichkeit, wie der STS immer wieder feststellen muss: Die zahllosen Angebote von komplett ungeeigneten Käfigen und Einrichtungsgegenständen im Online- und Zoofachhandel sprechen eine deutliche Sprache. Die vorliegende Recherche gibt nun erstmalig einen Einblick in die tatsächlichen Haltungsbedingungen und erlaubt eine quantitative Analyse. 

Hauptprobleme sind kleine Käfige und Einzelhaltung 

Die Recherche des STS zeigt ein betrübliches Bild der heutigen Vogelhaltung. Besonders zu kleine Käfige und tierquälerische Einzelhaltungen sind verbreitete Tierschutzprobleme. Zwei Drittel der Vögel werden gemäss der Befragung in Gehegen (Käfige und Volieren) in der Wohnung gehalten. Solche Haltungsformen sind meist klein, die Vögel können nicht fliegen, sie sind keinen natürlichen Witterungs- einflüssen und Reizen ausgesetzt und haben meist keinen Zugang zu natürlichem Sonnenlicht. Die traditionelle Käfighaltung von «Zier»-vögeln in der Wohnung ist demnach noch längst nicht aus der Schweiz wegzudenken, sondern stellt immer noch die am weitesten verbreitete Haltungsform dar. 

In Bezug auf die von den Umfrageteilnehmerinnen und -teilnehmern beschriebenen Gehegegrössen zeigt die Umfrage, dass es durchaus gute und grosszügige Haltungen gibt: Bei etwa einem Drittel der Haltungen leben die Vögel in grosszügigen Gehegen, welche den Empfehlungen des STS entsprechen. Der grösste Teil der Haltungen, rund 60 % der analysierten Gehege, weisen aber lediglich Masse der typischen, im Online- und Zoofachhandel erhältlichen Standardkäfige auf, die zwar knapp gesetzeskon- form, aber keineswegs tierfreundlich sind. Die restlichen 10 % der Gehege entsprechen nicht einmal den minimalistischen, gesetzlichen Mindestmassen. Solche Tierhaltungen sind tierquälerisch und strafbar. 

Ein weiteres häufiges Problem stellt die Einzelhaltung dar: Bei rund 20 % der Befragten leben Papa- geienartige (Graupapageien und Nymphensittiche) in tierquälerischer Einzelhaltung oder ohne artglei- chen Partner. Die sozialen Tiere benötigen aber zwingend artgleiche Partner. Ansonsten leiden sie sehr unter der erzwungenen Isolation, verkümmern sozial und entwickeln in der Folge gravierende Verhal- tensstörungen. Die Einzelhaltung von Vögeln ist deshalb gesetzlich verboten. Hartnäckig hält sich auch die Unart, Spiegel als Partnerersatz für die Vögel zu verwenden, obwohl seit vielen Jahren bekannt ist, dass diese keinesfalls als Partnerersatz dienen und gefährliche Verhaltensstörungen auslösen können. Neben der Verantwortung der Vogelhaltenden ist selbstverständlich auch der Handel in der Pflicht, solch problematisches Zubehör aus dem Sortiment gänzlich zu verbannen. 

Der Zoofachhandel und die Vogelzüchterinnen und -züchter haben grossen Einfluss auf die Haltungsbedingungen

Mehr als die Hälfte der befragten Personen gab an, die Tiere im Zoofachhandel gekauft zu haben. Der Zoofachhandel und die Züchterinnen und Züchter stellten sich somit mit Abstand als wichtigste Er- werbsquellen für Vögel heraus, und nicht etwa – wie vermutet – der problematische Tierkauf übers Internet ohne jegliche Beratung und Kontrolle. Die vorgefundenen zahlreichen Gesetzesverstösse bei der Hälfte (50 %) aller bei der Umfrage analysierten Haltungen lassen darauf schliessen, dass die In- formation über eine tiergerechte Haltung bei gewerbsmässigen Tierverkäufen in der Praxis aber kei- nesfalls gut funktioniert. Dies, obwohl eine Informationspflicht über die Bedürfnisse und Haltungsan- forderungen bei jedem gewerbsmässigen Tier- und Tiergehegeverkauf in der Tierschutzgesetzgebung verankert ist. 

So kann aus Sicht des STS die Vogelhaltung verbessert werden 

Mehr Wissen für Vogelhaltende und Fachpersonen: Das STS-Onlinetool www.tierhaltungsrechner.ch, das bisher für andere kleine Heimtiere wie Nager, Kaninchen und Reptilien genutzt werden konnte, wurde als Soforthilfe um die Tierkategorie «Vögel» erweitert. Informationen zu 16 häufig gehaltenen Vogelarten sind nun im Rechner verfügbar. Das Onlinetool berechnet mit wenigen Angaben die gesetzlichen Anforderungen an die Vogelhaltung – und zeigt auf, welche Gehegegrössen der Schweizer Tierschutz STS empfiehlt. Die Tierschutzempfehlungen des STS sind dabei deutlich höher als die gesetz- lichen Mindestanforderungen und richten sich primär nach den spezifischen Bedürfnissen der Arten. Mit dem Rechner können sich Halterinnen und Halter somit ganz einfach eine erste Übersicht zu den Anforderungen einer Vogelart verschaffen. 

Die Ergebnisse der Umfrage lassen den Schluss zu, dass alle Anbieter von Vogelgehegen und sonstigem Zubehör das grösste Potential haben, um die Vogelhaltung bei Privaten zu verbessern: Das Sortiment soll tierfreundlicher gestaltet werden, indem die kleinsten Käfigmodelle aus dem Sortiment genommen werden und auf den Verkauf von problematischem Zubehör (Spiegel) verzichtet wird. Das Angebot an Gehegen, die deutlich über die Mindestmasse gemäss Gesetzgebung hinausgehen, muss grösser werden. Zoofachhandlungen sollten zudem unbedingt ihre Vorbildfunktion wahrnehmen, da hier am meisten Vogelhalterinnen und -halter ihre Tiere und Zubehör kaufen. Sie sollen vorbildliche Vogelhaltungen zeigen und zukünftige Tierhalterinnen und -halter kompetent beraten und sich damit vom unspezialisierten Onlinehandel abgrenzen.