Wegweiser Pferdekauf
Das Pferd ist keine Sache:
Auf der Suche nach dem Traumpferd
Ist der Pferdekauf ein kunterbuntes Lotto mit einem Glückstreffer und unzähligen Nieten? Wer in Fachzeitschriften blättert und sich die zahllosen juristischen Kommentare zu missglückten Pferdekäufen anschaut oder gar ein Sachbuch zur Hand nimmt, neigt wohl sehr dazu, den Pferdekauf als Lotterie einzustufen. Nicht umsonst kursieren über den Pferdehandel seit Generationen unzählige Geschichten, wie Verkäufer auf raffinierteste Art und Weise ihre Kunden getäuscht haben und das vermeintliche Traumpferd zu einem Albtraum werden liessen. Der Pferdekauf ist speziell mit Blick auf die Gesundheit der Tiere oft reine Glückssache. Ob sich ein Pferd zudem am neuen Platz nach unseren Vorstellungen entwickelt und gut zu uns passt, ist ebenfalls nicht exakt vorauszusehen.
Ein Pferd ist bekanntlich laut Tierschutzgesetz keine Sache mehr, die man – erfüllt sie den Dienst nicht – guten Gewissens in die Ecke stellen kann. Zu oft steht unpassenden Pferden zudem ein längeres Ab- und Herumschieben bevor, will doch niemand zu viel Geld verlieren und sucht deshalb nach einem neuen Käufer. Objektiv betrachtet gibt es wohl nicht viele Pferde, die ganz «perfekt» sind. Doch weder ihr Verhalten noch ihre Leistungsbereitschaft müssen darunter leiden, sofern sie ihren Platz in der passenden Umgebung – uns Menschen miteingeschlossen – gefunden haben.Wichtig: Wer sich damit zu beschäftigen beginnt, ein Pferd oder Pony zu kaufen, hat sich Gedanken zu machen, die über den reinen Kaufpreis hinausgehen. Ein Pferd hat heute ganz andere Erwartungen zu erfüllen als früher. Musste es einst dem Besitzer den Lebensunterhalt sichern, hat heute der Besitzer viel Geld und Zeit zu investieren, um für die Bedürfnisse des Pferdes aufzukommen. Diverse Beweggründe können unterschieden werden, die zum Kauf motivieren. Weil es nie gänzlich fehlerfreie Pferde gibt, ist es umso wichtiger, sich auch in der ganzen Kaufeuphorie in aller Ruhe ehrliche Antworten auf die wichtigsten Punkte zu geben und sich selber nichts vormachen zu wollen. Das beginnt schon mit unseren Charaktereigenschaften. Als ruhiger, besonnener, aber aktiver Mensch kann man sich eher an ein etwas temperamentvolles, energetisches Pferd wagen. Für andere Menschen eignen sich eher Pferde, die sich nicht so schnell aus der Ruhe bringen lassen.
Schnellübersicht
Persönliche Check- und Frageliste Pferdekauf
- Was weckt bei mir den Wunsch für ein eigenes Pferd?
- Ein Pferd braucht tagtäglich Beschäftigung und unsere Betreuung. Wie kann ich das garantieren?
- Der Kauf eines Pferdes ist ein Entscheid für die nächsten Jahre. Pferde werden immer älter und können gut und gerne 30 Jahre alt werden. Kann ich diese Verantwortung für ein Pferdeleben übernehmen?
- Finde ich in meiner Nähe einen Pferdehof, der viel Pferdewohl bietet und meine Wünsche erfüllt?
- Ein Pferd erzeugt hohe finanzielle Kosten. Sind meine Budgets realistisch?
- Wo und wie möchte ich mein Pferd erstehen?
- Um für sich das passende Pferd zu finden aus der immer grösser werdenden Rassenvielfalt sind eine ehrliche Einschätzung der eigenen Fähigkeiten und gute Pferdekenntnisse wichtige Voraussetzungen für ein späteres Glück. Der Erwerb eines Diploms, Brevets oder einer Lizenz kommen einem Halterausweis gleich. Bin ich bereit, mich ausreichend zu informieren und auszubilden?
- Ein Pferdekauf darf nie unter zeitlichem Druck ablaufen. Mehrere Besuche beim in Frage kommenden Pferd, teils auch unangekündigt oder in Begleitung, schaffen Gewissheit. Viel vom späteren Glück beim Pferdekauf hängt von einer sorgfältigen Auswahl des Anbieters ab. Im Internet lässt sich heute ein gutes Pferd genauso finden wie beim alteingesessenen Händler. Nehme ich mir Zeit für die Auswahl und den Kauf?
- Es gilt: Kein Pferdekauf ohne tierärztlichen Ankaufsuntersuch und verbindlichen Kaufvertrag. Habe ich einen geeigneten Tierarzt, der mich unterstützt?
Ein Pferdekauf muss gut überlegt sein und nicht von heute auf morgen über die Bühne gehen. Wer für sich ein passendes Pferd gefunden hat, kann sich auf ungezählte glückliche Momente freuen (Foto Helma)
Kennen Sie Ihren Beweggrund?
Halfen Pferde einst mit ihrem Einsatz uns Menschen den Lebensunterhalt zu sichern, haben heute die Besitzerinnen und Besitzer tief in die Tasche zu greifen und viel Zeit aufzubringen, den tiergerechten Unterhalt der Pferde zu sichern. Es gibt sehr viele Beweggründe, die uns heute ans und aufs Pferd bringen. Wer seinen persönlichen Beweggrund kennt, hat bessere Chancen, für sich das passende Pferd zu finden.
Mögliche Beweggründe sind unter anderem:
- Hobby
- Freude am Tier
- Sportliche Ertüchtigung
- Kindheitstraum erfüllen
- Abenteuer erleben
- Leistung, Ziele erreichen
- Spass haben
- Partnerschaft mit dem Pferd pflegen
- Kompetenzerweiterung, Erfahrung im Umgang mit Tieren machen
- Lebendiges Naturerlebnis
- Fürsorge und Pflege und Verantwortung für ein Tier übernehmen
Das Pferd als ein Stück lebendige Natur erleben zu dürfen, kann ein Beweggrund für den Kauf eines Pferdes sein. (Foto: Helma)
Was es zu beachten gilt:
Pferdehandel ist ein Geschäft
Ob im Internet, in einer Fachzeitschrift oder im Stall eines Händlers nach einem Pferd gesucht wird, der Handel läuft in den allermeisten Fällen als Geschäft ab: Der Verkäufer will einen möglichst hohen Preis erzielen, der Käufer hingegen einen möglichst günstigen Preis aushandeln. Unter diesem Gesichtspunkt gibt es einige wichtige Punkte zu beachten, zum Beispiel:
- Pferde und Ponys gibt es kaum einmal zum Schnäppchen-Preis.
- Zeitdruck darf nur an Auktionen aufkommen. Seriöse Vorabklärungen sind hier aber ebenso unerlässlich.
- Machen Sie sich ein möglichst genaues Bild vom Pferd, das Sie für sich suchen: Alter, Grösse, Ausbildungsstand, Charakter und Temperament. Am wenigsten zu achten ist auf die Farbe, sagt doch eine alte Stallweisheit: Ein gutes Pferd hat keine Farbe.
- Besuchen Sie wenn möglich einmal unangemeldet das in Frage kommende Pferd oder Pony. Der Alltag sagt oft viel mehr als ein sorgfältig vorbereitetes Verkaufsumfeld. Ist das Pferd auch zum Reiten gedacht, dann machen Sie kleine Ausritte, mehrmals und auch alleine.
- Informieren Sie sich eingehend über die rechtlichen Aspekte eines Pferdekaufs.
- Einem tierärztlichen Ankaufsuntersuch nur vertrauen, wenn der Auftrag selber erteilt worden ist.
- Vier Augen sehen mehr als zwei – lassen Sie sich von einer vertrauensvollen und wenn möglich kompetenten Person begleiten.
- Passt das Pferd in den Stall, wo ich es einstallen möchte? Bei Gruppenhaltung spielt die Rasse eine sehr wichtige Rolle bei der Integration. Aber auch bei einem Boxenstall sollte die Grösse des Pferdes den Abmessungen der Boxe entsprechen.
An Pferdemärkten wie in Chaindon lässt sich der Pferdehandel wie in früheren Zeiten hautnah erleben. Ein Pferd an solchen Märkten zu kaufen, an denen meist wenig Wert auf das Pferdewohl gelegt wird, ist nicht zu empfehlen. Auch von Mitleidskäufen rät der STS ab, weil man damit dieses Geschäftsmodell zusätzlich unterstützt. (Foto: pd)
Wo immer man sich nach einem passenden Pferd umsieht, sind gründliche Vorabklärungen oberstes Gebot. Denn Pferdehandel ist für die meisten Akteure ein Geschäft. Lassen Sie sich nicht von emotionaler Erpressung beeinflussen. Viele Verkäufer verwenden Formulierungen wie: «Wenn Sie dieses Tier heute nicht nehmen, geht es in zwei Tagen zum Schlachter.» Sie sind für solche Situationen nicht verantwortlich und es ist nicht Ihre Aufgabe, die auf dem Markt angebotenen Pferde zu retten. (Foto: pd)
Angebote auf Internetplattformen
Seriöse Anzeigen bieten zunächst einmal Pferde an, die gechipt sind, einen Pass haben und in der Tierverkehrsdatenbank (TVD) registriert sind. Sie erwähnen auch das Alter, den Gesundheitszustand, Impfstatus und die Herkunft der Tiere sowie den Grund für den Verkauf. Es sollen auch Anforderungen für das zukünftige Leben der zum Verkauf angebotenen Tiere angegeben werden.
Gute Verkäufer geben ohne Einschränkungen Informationen über ihre Pferde und erlauben Interessenten, sie vorab zu besuchen. Oft erkundigen sie sich auch nach den Bedingungen, unter denen ihre Tiere später gehalten werden.
Der Pferdehandel hat sich von den Marktplätzen ins Internet verschoben, wo Zuchtorganisationen, Händler und Private ihre Angebote bildlich präsentieren. (Foto: pd)
Solche Inserate wie dieses (Anibis.ch) bezeichnet der STS als unseriös. Es werden viel zu wenig Angaben gemacht und keine Bedingungen an den Käufer gestellt. Finger weg von dem Pferd, wenn auch nach der Kontaktaufnahme keine verlässlichen Informationen gegeben werden.
Pferden neue Chance geben
Werden Pferde, Ponys oder Fohlen über eine Tierschutzorganisation angeboten, handelt es sich mehr um eine Vermittlung als um einen Handel im herkömmlichen Sinn. Man muss sich zudem ganz klar bewusst sein, dass man einen Tierschutzfall übernimmt, wo man kaum etwas oder nur ganz wenig über die Vorgeschichte dieses Tieres weiss (teilweise auch, wenn man sich ein Pferd über eine Internetplattform kauft!). Wer erinnert sich nicht an die aus dem unsäglichen Hefenhofer Tierschutzfall stammenden Pferde, die vom Thurgauer Veterinäramt beschlagnahmt worden sind und dann öffentlich versteigert wurden. Pferde und Pony liessen sich bei der festgelegten Preisobergrenze wohl günstig erwerben. Zu einem eigentlichen Kennenlernen kam es nicht. Gerade in solchen Situationen lohnen sich mehrere Besuche auf jeden Fall, um möglichst viel über das Pferd oder Pony in Erfahrung bringen und etwas Einblick in das Vorleben gewinnen zu können.
Verschiedene Stellen bieten mittlerweile aus dem Sport verabschiedete Pferde zum Kauf an. Dabei handelt es sich grösstenteils um Vollblutpferde oder Traber aus dem Rennsport. Für viele dieser vierbeinigen Athleten schliesst die sportliche Karriere relativ früh ab, weil die erwarteten Leistungen auf der Rennbahn nicht mehr erfüllt werden. Für Galopper kommt das Ende des Wettkampfs oft schon in jungen Jahren, Traber können bei uns in der Schweiz bis 15-jährig an den Start gehen. Auch wenn der Preis möglicherweise lukrativ erscheint, ohne eine sorgfältige Ankaufsuntersuchung und einen verlässlichen Verkaufsvertrag sollte der Handel nicht abgeschlossen werden. Der Glanz der Rennbahnen reicht eben nicht immer bis in die Stallungen der Trainingsanlagen hinein, was sich letztlich ebenfalls beim Verkauf in die neue Karriere auswirkt. Zu bedenken ist zudem, dass diese Pferde meistens nicht viel mehr als das Morgentraining und Rennbahnen gesehen haben und gezielt auf Leistung gezüchtet wurden. Schnelligkeit und Kampfgeist sind die Zuchtkriterien, was im Freizeitsport nicht oberste Priorität hat – dies ist unbedingt zu beachten bei der Übernahme eines solchen Pferdes. Denn sonst können sich psychische Schäden entwickeln, wenn solche Pferde nicht gefordert werden.
An die Kosten denken
Eine hilfreiche Aufstellung über die Kosten eines Pferdes hat das Schweizer Nationalgestüt in einer repräsentativen Umfrage bei annähernd 400 Personen erstellt. Die Studie kommt dabei zum Schluss, dass es unabdingbar ist, ein genaues Budget zu erstellen, wenn über den Kauf eines Pferdes nachgedacht wird, um die Pflege und das Wohlbefinden des Pferdes garantieren zu können. Ohne den Kaufpreis zu berücksichtigen sind ungefähre monatliche Kosten von 1000 Franken ermittelt worden, wobei je nach Kanton und Nutzung des Pferdes die Kosten sehr schnell anwachsen können. In stark besiedelten Agglomerationen liegen die Preise allein für die Pension schnell einmal bei 1500 Franken pro Monat, in ländlichen Gegenden kann mit niedrigeren Kosten gerechnet werden.
Anfallende Grundkosten
- Pensionspreis
- Hufpflege
- Gesundheit (Tierarzt, Zahnpflege, Wurmprophylaxe): Steigende Gesundheitskosten je nach Vorgeschichte und im Alter.
Nebst der eigentlichen Pension können die monatlich anfallenden Kosten noch stark ansteigen.
Die Ausgaben erhöhen sich durch:
- Zusatzfutter
- Ausbildung
- Teilnahme an Turnieren
- Kauf von diversem Zubehör wie Ausrüstung
- Pferdeversicherung
- Haftpflichtversicherung
- Todesfallversicherung
Auch bei der sorgsamsten Nutzung und einer tiergerechten Haltung kann es immer wieder einmal vorkommen, dass ein Pferdephysiotherapeut gerufen werden muss. (Foto: tf)
Unüberschaubar ist mittlerweile das Angebot an Ausrüstungsgegenständen geworden und verleitet zu zusätzlichen Ausgaben. (Foto: tf)
Ankaufsuntersuchung beim Pferd
Ankaufsuntersuchungen bei Pferden und Ponys werden seit vielen Jahren durch TierärztInnen den KäuferInnen angeboten. Durch die immer feineren Möglichkeiten entwickelte sich ein Geschäftsfeld, welches immer gefragter wurde. Durch die laufend verbesserten Techniken vor allem im Bereich der bildgebenden Verfahren wie Röntgen, Ultraschall, MRI, CT und weiteren Möglichkeiten wurde die Aussagekraft des Untersuchs immer genauer. Daraus ergab sich, dass auch die Kosten für einen Ankaufsuntersuch über die Jahre stiegen.
Die stetig wachsenden Kosten führen bei der Käuferschaft zur Frage, ob es nicht auch mit signifikant kleinerem Budget eine Möglichkeit gibt, um zu einem schlüssigen Resultat über den momentanen Gesundheitszustand des zur Diskussion stehenden Pferdes zu kommen? Der Schweizer Tierschutz STS empfiehlt, hier kein Geld zu sparen.
Was und wie untersucht der Tierarzt?
Der Zweck eines Ankaufsbesuchs ist es über den physischen und psychischen Gesundheitszustand des Pferdes möglichst gut Bescheid zu wissen.
Alle Sinne (Sehen, Fühlen, Riechen, Hören) sind an der klinischen Untersuchung des Pferdes beteiligt. Diese Untersuchung ist in einen internistischen und einen orthopädischen Teil unterteilt.
Was untersucht der Tierarzt?
Auszug aus einer Checkliste:
- Allgemeinzustand
- Nährzustand -> Verweis Body Score Index
- Kopf
- Verletzungen
- Maul (Alter, Verletzungen)
- Nüstern (Ausfluss, wässerig, eiterig)
- Augen / Tränennasenkanal
- Genick / Verletzungen
- Lymphknoten (Infektionen im Kopfgebiet (Druse) )
- Ganaschen (Luftsack, Ohrspeicheldrüse)
- Hals
- Durchgängigkeit der Venen
- Injektionsstellen
- Mähne z.B. Räude-Check
- Vordergliedmassen / Hintergliedmassen
- Sehnen
- Gelenke
- Überbeine
- Huf
- Beschlag
- Lahmheit beurteilen durch Sehen und Hören beim Traben und Wenden auf Asphalt
- Spat
- Innenschenkel
- Rumpf
- Ekzeme
- Sattellage
- Gurtlage
- Auskultation von Herz und Lunge
- Flanke
- Atmungstyp und Frequenz (Normwerte: Körpertemperatur: 38° / Atemfrequenz: 8-12 / Puls: 28-40/Min.)
- Darmgeräusche
- Schweifregion
- Parasiten
- Durchfall
Weitere wichtige Punkte, die zu beurteilen sind:
- Beobachten im Stall
- Auffällige Verhaltensmuster wie Weben, Koppen
- Fresslust
- Kotbeschaffenheit
- Charakter (zutraulich, bösartig, ängstlich)
- Hinausführen
- Stolpern (z.b. Sehkraft)
- Angst (z.b. längerer Boxenaufenthalt infolge Krankheit)
- Unsicherheit (z.b. nach Nervenschnitt, reine Bahnpferde)
- Steife (z.B. chronisches Leiden am Bewegungsapparat)
- Stehend an der Hand
- Belastung der Gliedmassen
- Asymmetrien
- Aufmerksamkeit
- Vorführen im Schritt und Trab
- Streifbewegungen
- Schleudern
- Schmieden
- Unregelmässigkeiten (feststellbar durch Sehen und Hören)
- Reitprobe
- Abwärts (Rücken)
- Aufwärts (Kreislauf)
- Longe
- Ausbinden (Roarer, inspiratorisches Geräusch)
Der Blick ins Maul darf bei einer Ankaufsuntersuchung auf keinen Fall fehlen, um z.B. allfällige Defekte feststellen und den Abschliff begutachten zu können. (Foto: Tierspital Zürich)
Bei der klinischen Untersuchung wird das Pferd vom Tierarzt vom Kopf bis zum Schweif abgetastet und auf allfällige Narben oder Empfindlichkeiten untersucht. (Foto: Tierspital Zürich)
Beim Vorführen im Schritt und im Trab lässt sich mit den Augen und den Ohren die Regelmässigkeit der Bewegungen erkennen. (Foto: Tierspital Zürich)
Pferdekauf rechtlich
Pferdekäufe werden nicht nur von Gefühlen bestimmt, sie haben auch eine juristische Seite, die der Verkäufer genauso kennen muss wie der Käufer. Der Kauf eines Pferdes ist rechtlich ein Viehhandel mit speziellen, für den Käufer nachteiligen Bestimmungen.
Bezahlung des Kaufpreises
Barzahlung: Übergabe des Pferdes gegen Barzahlung des Preises.
Kauf auf Kredit: Der Käufer erhält das Pferd, bezahlt aber später, eventuell in Raten. Der Verkäufer sollte sich absichern, indem der Kaufpreis schriftlich festgehalten wird, der Käufer seine Zahlungsverpflichtung unterschreibt.
Wird die Restschuld verzinst und später als drei Monate nach Abschuss des Vertrages getilgt, gilt das Konsumkreditgesetz (KKG) mit strengen Vorschriften.
Achtung: Die Vereinbarung eines Eigentumsvorbehaltes zur Absicherung des Verkäufers ist nicht zulässig und damit unwirksam (Art. 715 Abs. 2 ZGB).
Gewährleistung (Garantie) für Mängel des Pferdes
An sich hat der Käufer gegenüber dem Verkäufer bei Mängeln der Kaufsache einen Anspruch auf Gewährleistung (Umgangssprache: Garantie, Art. 197 OR). Der Anspruch kann vertraglich ausgeschlossen werden (Art. 199 OR) und besteht nur für Mängel, die der Käufer nicht kannte oder bei genügender Aufmerksamkeit nicht hätte kennen sollen (Art. 200). Der Verkäufer ist nicht verpflichtet, den Käufer auf Mängel hinzuweisen.
Beim Kauf eines Pferdes, eben rechtlich ein Viehhandel, beseht der Anspruch auf Gewährleistung nur, wenn der Verkäufer diesen schriftlich zusichert oder den Käufer absichtlich täuscht (Art. 198 OR). Als Zusicherung genügt die Formel „gesund und recht“ im Vertrag oder, beim Barkauf, auf der Quittung für die Bezahlung; der Verkäufer muss aber eigenhändig unterschreiben. Eine absichtliche Täuschung ist schwer nachzuweisen: Der Verkäufer muss den Mangel gekannt haben und er muss den Käufer falsch informiert haben, sei es, dass er direkt falsche Angaben machte, sei es, dass er den Mangel verschwieg, obwohl er auf eine entsprechende Frage des Käufers ehrlich hätte Auskunft geben müssen. Diese beiden Voraussetzungen hat der Käufer zu beweisen.
Zur Durchsetzung des Gewährleistungsanspruches müssen zwei Schritte unternommen werden:
Erstens ist der Mangel dem Verkäufer anzuzeigen, am besten mit eingeschriebenem Brief. Der Mangel ist konkret zu bezeichnen. Zweitens muss bei der zuständigen Behörde die Untersuchung des Pferdes durch Sachverständige verlangt werden. Zuständig ist das für den Ort, wo das Pferd steht, zuständige Gericht, meist dessen Präsident.
Die Frist für diese Vorkehren ist kurz: 9 Tage nach Übergabe des Pferdes an den Käufer!
Diese Frist ist keine Probezeit, entgegen weit verbreiteter Meinung. Soll ein Pferd mit einer Probezeit gekauft werden, muss dies speziell vertraglich vereinbart werden (Art. 185 Abs. 3 OR).
Zwei Ratschläge für Käufer:
- Pferd mehrmals probereiten und das von ihm verlangen, was es beim Käufer leisten soll (z.B. alleine ausreiten).
- Einen Ankaufsuntersuch vornehmen lassen, am besten vor dem Kauf, sicher in den ersten Tagen nach Übergabe (9 Tagefrist!). Der Käufer muss den Tierarzt beauftragen!
Vergleich Import aus Deutschland
In Deutschland gilt für den Pferdekauf ganz normales Kaufsrecht, sogar mit Verbraucherschutz (CH: Konsumentenschutz). Verkauft ein Züchter oder Händler (Unternehmer) an einen Reiter (Verbraucher), darf die Frist zur Gewährleistung nicht unter 1 Jahr verkürzt werden.
Ein Mangel ist eine Abweichung vor der vereinbarten Beschaffenheit der Kaufsache. Zur vereinbarten Beschaffenheit heisst es dann im Kaufvertrag über das Pferd:
Gesundheitliche Beschaffenheit:
Vereinbart ist der Gesundheitszustand der sich aus der tierärztlichen Untersuchung am xx.xx.2023 durch Tierarzt xy ergibt. Der Inhalt des aufgrund der tierärztlichen Untersuchung angefertigten Gutachtens wird zum Bestandteil dieses Vertrages gemacht. Die dort getroffenen tierärztlichen Feststellungen zum Gesundheitszustand des Pferdes bestimmen die gesundheitliche Beschaffenheit des Pferdes.
Und damit hat auch der Verkäufer ein Interesse, dass der Tierarzt sorgfältig arbeitet. Stellt dieser gesundheitliche „Fehler“ des Pferdes fest, muss er dafür nicht einstehen!
Fazit
Der deutsche Käufer ist massiv besser geschützt! Es wäre höchste Zeit zur Abschaffung des über 110 Jahre alten Viehhandelsrechts für Pferdekäufe in der Schweiz.
Beim Fohlenkauf an Aufzucht denken
Wem ging nicht schon einmal der Gedanke durch den Kopf, ein Fohlen zu kaufen. Ob auf einer Auktion oder direkt beim Züchter, in beiden Fällen bietet sich einem die Möglichkeit, für den heranwachsenden Partner ein optimales Umfeld auslesen zu können. An einem guten Aufzuchtsplatz lässt sich dann frühzeitig ein vertrauensvoller Kontakt zwischen Pferd und zukünftigem Besitzer aufbauen und damit ideale Voraussetzungen für das spätere Miteinander schaffen. Doch wie beim Pferdekauf gibt es auch beim Fohlenankauf einige wichtige Punkte zu beachten, um sich vor bitteren Enttäuschungen zu schützen.
Wenn der Preis der Grund sein sollte, stellt man am besten die monatlichen Kosten für die Aufzucht (Weide, Tierarzt, Hufpflege) fein säuberlich zusammen und erhält damit einen fundierten Kostenvergleich. In einem Bericht zur Freibergerrasse an den Bundesrat wurden vor einigen Jahren die Aufzuchtkosten für ein Pferd bis zum Feldtest im Alter von drei Jahren mit 9000 bis 10 000 Franken beziffert.
Bleibt der Wunsch für ein Fohlen, folgt der nächste wichtige Entscheid – Kauf beim Züchter oder an einer Auktion. Auktionsfohlen haben eine strenge Selektion hinter sich. Auktionsfohlen werden zudem tierärztlich untersucht und als «gesund und recht» in den Ring gebracht. Bei privaten Fohlen ist deshalb unbedingt ein tierärztlicher Ankaufsuntersuch vorzunehmen.Fohlenauktionen finden im Spätsommer und Herbst statt, Plätze auf empfehlenswerten Fohlenweiden sind um diese Zeit meistens nicht mehr einfach zu finden. Der Unterbringung eines Fohlens in eine Herde Gleichaltriger (noch besser: Gemischtaltriger) ist wohl mindestens so viel Beachtung zu schenken wie den Abstammungspapieren. Für die gesunde Entwicklung eines Fohlens gibt es mittlerweile wissenschaftlich abgestützte Eckpunkte einzuhalten: Eine konsequente aber stehts der Natur des Pferdes entsprechende, gewaltfreie Erziehung schafft die Voraussetzungen für einen einfacheren Umgang und ist unumgänglich. Hilfreich ist ein eigentlicher Lehrplan, der auf sensible Lernphasen Rücksicht nimmt. Ein seriöser Aufzuchtbetrieb schafft die besten Voraussetzungen für die physische wie psychische Entwicklung des Youngsters, um später die an ihn gestellten Aufgaben erfüllen zu können. Was vor einem Fohlenkauf noch nicht vordringlich ist, ist die Wahl eines Platzes für die spätere Ausbildung. Die Ausbildung beginnt nicht erst mit dem Auflegen des Sattels. Zum Fohlen-ABC gehören Halfter anlegen, Hufe aufheben, Putzen, Führen und auch Anbinden.
Ob der Kauf eines Fohlens beim Züchter oder über eine Auktion erfolgt, die Abklärungen bleiben sich gleich und an die späteren Kosten ist auch zu denken. (Foto: tf)
Ankunft im neuen Stall
Für viele Pferde ist das Umplatzieren in einen anderen Stall alles andere als einfach. Ob sie nun in einen Gruppenstall oder einen Betrieb mit Boxenhaltung kommen, alles ist neu und unbekannt – die Artgenossen genauso wie die Halter/Besitzer.
Pferde sind keine Schnelldenker. Wer Erfahrung mit der Gruppenhaltung hat, geht von einer Dauer von einem Jahr aus, bis ein Pferd in einer Gruppe integriert ist. In der Boxenhaltung dauert es nicht weniger lang. Genügend Zeit zu geben ist dem Fluchttier in beiden Haltungsformen – bevorzugt ist eine Gruppenauslaufhaltung, damit es lernen kann, dass weder von einem grossen Stein noch von einem tuckernden Gefährt in der Nachbarschaft eine Gefahr zu befürchten ist. Wichtig nach der Integration in eine Gruppe ist, dass die Herde täglich beobachtet wird. Jedes Pferd soll zum Fressen und Ruhen kommen.
Verkauf ja, aber verantwortungsbewusst
Was auch der Grund sein mag, auszuschliessen ist es jedoch nie, dass man sich vom Pferd oder Pony trennen muss. Ein Unfall kann die Ursache sein, so dass es einem nicht mehr möglich ist, seinen Partner ausreichend zu beschäftigen. Aber auch finanzielle oder familiäre Gründe können zum Verkauf zwingen. Es kann aber auch durchaus vorkommen, dass man mit dem Pferd nicht zurechtkommt und der Umgang sogar gefährlich wird.
Ein Pferd oder Pony zu verkaufen, kratzt nicht zwingend an tierethischen Eckwerten. In unserer Verantwortung liegt es aber, wie das Pferd oder das Pony veräussert wird. Lieber schon gestern als erst morgen oder zum bestmöglichen Preis? Wer allein nach diesen Kriterien vorgeht, nimmt auf die Würde des Tieres keine Rücksicht. Es ist höchst bedenklich, wenn bei der nationalen Tierverkehrsdatenbank Identitas für Equiden bis zu 13 Mal im Jahr ein Stallwechsel eingetragen wird? Wer aber sogfältig die neue Besitzerin oder den neuen Besitzer ausliest und auch einen Augenschein nimmt vom neuen Platz, erfüllt die Kriterien eines verantwortungsbewussten Verkaufs. Eigentlich haben wir die gleiche Situation wie beim Kauf, nur in umgekehrter Art – so sorgfältig wie wir ein Pferd auslesen, haben wir den Käufer auszuwählen. Glücklich ist, wer den neuen Besitzer schon kennt. Aber auch beim Handel übers Internet kann es zu einem glücklichen Verkauf kommen.
Das in den letzten Jahren stetig gestiegene Durchschnittsalter bei den Equiden zeigt ein sich veränderndes Verhalten bei den Besitzerinnen und Besitzern auf – die ins Alter gekommenen Vierbeiner bringt man nicht gleich zum Pferdemetzger. Am vorteilhaftesten ist es für die Senioren sicher, wenn sie bis zum letzten Tag in ihrer vertrauten Umgebung verbleiben können. Ist das nicht möglich, bieten mittlerweile viele Betriebe Altersweiden an. Da das Angebot recht gross geworden ist, ist ein vorangehender Besuch möglicher Plätze angezeigt, zumal an verschiedenen Orten Altersbeschränkungen vorliegen. Gerade für ältere Pferde ist ein Stallwechsel oft mit Stress verbunden, weshalb der Qualität des neuen Betriebs eine noch grössere Bedeutung zukommt. Mit unangemeldeten Besuchen lässt sich ein Stall noch besser einordnen.
- Projektleitung: Sandra Schaefler, dipl. Zoologin, Fachstelle Heimtiere und Pferde, Schweizer Tierschutz STS
- Autoren: Sandra Schaefler, Thomas Frei
- Tierärztliche Aspekte: Dr. med. vet. Christoph Wegmann
- Juristische Aspekte: Bart Krenger, Rechtsanwalt
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